Geschichte des Kirchenchores St. Sebastian Lobberich 1841-1941

„Im Dienste der Pfarre St. Sebastian 1875-1918”

Probearbeit, Vereinsordnung und -leben, außerkirchliche Aktivitäten des Kirchengesangvereins von 1875-1918

Daß hinter den mehr oder weniger gelungenen Aufführungen eines Kirchenchores anstrengende Arbeit unter teils widrigen Umständen steht, tritt Unbeteiligten selten ins Bewußtsein. Folgende Rechnung an den Kirchengesangverein vom 1. Januar 1881 zeigt, daß man in dieser Zeit Petroleum als Leuchtmaterial bei den Proben verwendete: „für 1882 und 1883 1 Augenschoner und 1 Glas 1 Brenner, Docht und Glas, Oelvase, 4 Liter Petroleum".
Eine andere Rechnung belegt, daß der Dirigent „Schloß und Schlüssel am Harmonium, Lampengläser und Kugel für's Harmonium erhielt". (Rechnung vom 29. Januar 1883).
Daß der Chorleiter Istas nicht nur mit Hilfe des Harmoniums Gesänge einstudierte, sondern auch die Geige zu Hilfe nahm, bezeugt eine Rechnung vom Januar 1897, wo Unkosten für Violinsaiten und eine Bogenreparatur angesetzt wurden. Durch eine weitere Rechnung vom 7. Dezember 1885, die nach der Sitte der Zeit an die „katholische Kirchenfabrik" ging, erfahren wir von einem Umzug des Vereins.
Schreiner Hemels forderte für den Transport 3,45 Mark. Um die Mitte des genannten Jahrzehnts probte der Chor zeitweise im Vereinslokal des Gesellenvereins, vorher bei Witwe Joachim Zanders und nachher in demselben Lokal beim Mitglied A. Horstmann und zwar bis 1920. Dort fanden die aus der Sicht der Sänger so außerordentlich wichtigen Cäcilienfeiern tatt: Am 22. November 1894 wurde für 39 Personen a 1,60 Mark Essen serviert. Es gab gebackenen Schinken mit Sauerkraut, Püree und Nachtisch, 206 Karten für Bier a 10 Pfg. wurden verrechnet.
Wenn man einem ortskundigen Lobbericher glauben darf, handelte es sich bei dem oben genannten Essen um ein recht bescheidenes Menü, das dem Essen glich, das Philibert Istas zu dem Ausruf veranlaßte: Es dat dann en Cäcilieneäte, Hämke met Suurmos! Scham dech jett!" (40)
Ob der Chor außer zu den Bezirksversammlungen noch öfter reiste, ist nicht bekannt. Immerhin wissen wir von einer Tagesfahrt aus dem Jahre 1911, die zum früheren Kaplan Gerhard Picker (an St. Sebastian 1862 bis 1887) nach Alpen führte.
Er hatte sich in Lobberich durch die Gründung der Höheren Schule 1862, und des Gesellenvereins im Jahre 1865 sowie durch tatkräftige Hilfe in den Jahren der Hungersnot von 1876 bis 1880 einen Namen gemacht. Was der Chor unterwegs und in der Maiandacht in Alpen sang, kann man nur vermuten. Er besaß Lieder für Männerchor zusammengestellt von E. Kamper. Für die Maiandacht standen „Deutsche Lieder zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria" sowie die Sammlung „Gregorius" von Franz Nekes und , 12 Motetten für 4 gemischte Stimmen" von C. J aspers zur Verfügung dazu „Kirchliche Gesänge", zusammengestellt von Eduard Istas. (41)
Im Jahre 1904 gab sich der Verein Statuten. Sie regelten die Zusammensetzung und die Aufgaben des Vorstandes (§§ 1-7), die Aufnahme (§ 8) und die Leitung eines Knabenchores (§ 9). Die Paragraphen 10-13 legten Sanktionen bei Versäumnissen und Ähnliches fest.
Dann wurden die Aufführungen genannt bei denen niemand fehlen durfte:
„Hochamt, Vesper, Komplet" ... verpflichtend ist die Teilnahme an allen mehrstimmigen Gesängen beim liturgischen Gottesdienst inner- und außerhalb der Kirche, Kinderkommunion Fronleichnam, Allerheiligen, Bezirks-Cäcilienvereinsversammlungen ... ". (42)
Vom Jahre 1887 ist der Vorstand bekannt: Pfarrer Hegger (Präsident), Eduard Istas (Dirigent), Heinrich Andrae (Kassierer), Aloys Kochen (Schriftführer). Im Jahre 1904 bildeten Pfarrer Hegger, E. Kamper, H. Andrae, J. Heemels und A. Horstmann den Vorstand.
Der Verein zählte 1905 31 Sänger. (43)
Als der erste Weltkrieg begann, wurden an der Front und in der Heimat alle Kräfte in Bewegung gesetzt, um den Sieg zu erringen. Der Kirchengesangverein brachte 1914 91 Mark für Kriegshilfe auf und veranstaltete am 17. Januar 1915 eine „Vaterländische Feier". Bei dieser Gelegenheit sang der Chor einen „Cyclus Kriegslieder, 4stimmig für Männerchor mit Klavierbegleitung und verbindenden Deklamationen" und als Uraufführung eine Komposition von Ernst Kamper „Die deutschen Mütter" zu einem Text von G. Koch.
Während des Krieges versah der Kirchenchor ohne Unterbrechung seinen liturgischen Dienst, dabei wirkte der Knabenchor mehrmals mit.
Am 18. Dezember 1918, 2 Monate nach Kriegsende verlas Pfarrer Heinrich Boers, seit 1907 Pastor der Gemeinde, die Namen von 202 Gefallenen, darunter die Kirchenchormitglieder Karl Bender, Heinrich Schmers und Leonhard Sieben.
Am 15. März 1920 starb Ernst Kamper nach mehr als 25jährigem Dienst für den Kirchengesangverein. Er hatte mehrere Kompositionen angefertigt, darunter 1 Messe, die leider nicht mehr vorhanden ist. Er besaß großes Talent als Musikpädagoge. Er übte mit dem Chor am Klavier oder mit der Geige, außerdem blies er das Tenorhorn. Mit dem Männergesangverein und Gemischtem Chor führte er Oratorien auf, so am 19. November 1911 die „Jahreszeiten" von J. Haydn ... (44)


Pieta aus dem 14. Jahrhundert, gotische Arbeit - im Besitz der Pfarre St. Sebastian

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