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Achtes Kapitel.

Die Verwaltung der Gemeinde.

Die Verwaltung der Gemeinde wurde 1673 von 7 Schöffen (auch Scheffen, Schepen genannt,) denselben Personen, die wir auch als Gerichtsbeamte noch kennen lernen, und von 7 Geschworenen wahrgenommen. Dieselben erhielten bis zum Jahre 1673 ihre Ernennung vom Amtmann, dem Vertreter des Landesherrn und von da an vom Jurisdiktionsherrn von Bocholtz, resp. deren Rechtsnachfolger von Mirbach und von Bentinck. Von 1673 an fungierten zu L o b b e r i c h nur 6 Schöffen und 6 Geschworene, indem der Schuldheis auch den 7. Scheffen vertrat, weil ihn in den, als solchen ihm zustehenden Gebühren, ein Teil seines Einkommens angewiesen war. Beim Antritt der Stellen legten Scheffen und Geschworenen einen Amtseid ab und fungierten dann auf Lebenszeit, wofern Krankheit, Altersschwäche oder sonstige triftige Gründe die Niederlegung nicht nötig machten. Zur Annahme des Amtes konnten sie gezwungen werden. Alljährlich wurden aus Schöffen und Geschworenen 2 "Regierer" auf ein Jahr aufgestellt, welche alle Dienste innerhalb der Gemeinde verrichten mußten. Schöffen und Geschworene, besonders die "Regierer", führten auch wohl den Namen Bürgermeister. Während die Regierer ein kleines Jahrgehalt bezogen, hatten die Scheffen kein festes Gehalt, reichten jedoch für alle der Gemeinde geleisteten Dienste und dabei gemachten Auslagen eine Rechnung ein. Ein gleiches thaten die Regierer bei nicht gewöhnlichen Diensten und Reisen. Die Sitzungen hielt man an in dem Markte einerseits und rückwärts am Kirchhofe an der jetzigen alten Pfarrkirche gelegenen Rathause, das schon 1660 erwähnt wird. Dasselbe befindet sich noch heute an der alten Stelle und ist in den 60er Jahren des verflossenen Jahrhunderts neu aufgebaut worden. Bei wichtigen Angelegenheiten, z.B. bei Aufnahme von Kapitalien, Führung von Prozessen, Verkauf von Gemeindegründen u. f. w. wurden die "Beerbten" zu den Sitzungen eingeladen, die aber gewöhnlich nur in geringer Anzahl sich einfanden. Die vom Rendanten aufgestellte Gemeinderechnung wurde anfänglich nur auf dem "Erbtage" einer Revision unterzogen, später aber, seitdem Geldern 1713 unter Preußen gekommen war, noch einer höheren Revision bei der Regierung in Geldern unterworfen. Letztere machte bei mißliebigen Posten ihre Randbemerkungen, welche auf dem nächstfolgenden Erbtage öffentlich vorgelesen und sodann beantwortet werden mußten. Sehroft bezogen sich die Ausstellungen der Superrevisionen auf die Verzehrungen, welche von den Vorstehern, Scheffen, Geschworenen und Beerbten auf den Erbtagen und bei anderen Gelegenheiten auf Kosten des Gemeindesäckels gemacht waren.

Während auf den Erbtagen die speziellen Angelegenheiten einer Gemeinde zur Sprache kamen, wurden auf den "Amtsvergaderingen" solche Sachen erörtert, welche das ganze Amt betrafen. Letztere hielt man bald an diesem, bald an jenem Orte des Amtes, und wurde gewöhnlich nur ein Regierer dahin abgeordnet. Dieselben fanden übrigens nicht selten statt; so war z.B. Amtsversammlung zu Wankum den 17. August und 5. Sept. 1768 und zu Hinsbeck am 12. Sept. 1768.

Von den Regierern Lobberichs werden uns 2 als "Bürgermeister" genannt, nämlich Tilman S c h m i t t e r, Bürgermeister 1725 und 1726, war noch i.J. 1748 Scheffen; und Gerhard P a u l s, Bürgermeister und Scheffen, gestorben 1727.

Bis zum Jahre 1799 hatte der Scheffen Johann Kessels, geboren zu Lobberich den 22. Mai 1754 und gestorben daselbst im 82. Lebensjahre, am 6. Nov. 1835, als Gemeindevorsteher (Regierer) das Wohl der Gemeinde wahrgenommen; dann folgte provisorisch Paul

W i l d e n r a t h bis 1800. Als die alte Gemeindeordnung beseitigt und die (französische) republikanische Munizipal-Verfassung eingeführt war, stand Joh. Hrch. H a a n e n, geboren zu Lobberich den 7. Okt. 1760 und gestorben daselbst im 87. Lebensjahre, am 27. Juli 1847, als "Maire" (Bürgermeister) vom Jahre 1800-1814 der Gemeinde vor. Der Beigeordnete führte den Titel Adjunkt. Dem Maire und Adjunkten stand ein Munizipalrat, bestehend aus 10 Mitgliedern, entsprechend dem jetzigen Gemeinderate, zur Seite. Maire, Adjunkt und Munizipalrat legten folgenden Eid ab: "Ich schwöre Ergebenheit und Treue der französischen Republik und eifrige Erfüllung der Pflichten des mir anvertrauten Amtes." Seit 1804, wo Napoleon Kaiser wurde, lautete die Eidesformel (zu deutsch): "Ich schwöre Gehorsam den Verordnungen des Reiches und Treue dem Kaiser." Das Budget wurde vom Maire entworfen und, nachdem es vom Munizipalrat genehmigt war, dem Unterpräfekten zu Cleve zur Approbation vorgelegt. Nach Vertreibung der Franzosen, 1814, blieb Haanen noch bis 1823 Bürgermeister;in diesem Jahre legte er freiwillig sein Amt nieder. - Sein Nachfolger im Amte war sein bisheriger 1. Beigeordneter Johann Heinrich K e s s e l s, einziger Sohn des vorhin erwähnten Scheffen Johann Kessels. Derselbe war geboren zu Lobberich den 11. April 1786, wurde 1813 1. Beigeordneter und i.J. 1823 Bürgermeister der Gemeinde Lobberich. Er war Rittergutsbesitzer des Hauses Ingenhoven, welches er von seiner Ehefrau Adelgunde Dammer, der einzigen Tochter des Ankäufers Peter Dammer, erhielt, und Ritter des Roten Adlerordens vierter Klasse. Nach 49jähriger Ehe, i.J. 1862, wurde ihm seine Ehegattin durch den Tod entrissen. Am 7. April 1863 hatte er das seltene Glück, sein 50jähriges Dienst-Jubiläum zu begehen. Er trat bei dieser Gelegenheit freiwillig aus seinem Amte, um die letzten Tage seines Lebens in Ruhe zu verleben. Diese Tage aber wurden durch ein langes und schweres Krebsleiden getrübt, welches er mit Mannesmut und musterhafter Geduld ertrug, bis der Tod ihn in seinem Heimatorte, am 12. September 1864. Mittags 12 Uhr, im 79. Lebensjahre, von seinen Leiden erlöste. - Ihm folgte Maximilian W i n k e l m a n n, Rittergutsbesitzer des Hauses Traar zu Traar bei Krefeld. Derselbe war geboren zu Düsseldorf den 5. April 1833 und vom 1. Oktober 1860 bis zum 12. August 1862 Bürgermeister von Brüggen und Born, sodann seit dem 8. März 1863 Bürgermeister von Lobberich. Im Jahre 1874 legte er krankheitshalber freiwillig diese Stelle nieder und zog sich auf sein Rittergut bei Traar zurück, woselbst er nach längerer, schwerer Krankheit, am 7. Dezember 1874 starb.

Seine Gattin besaß das Rittergut Haus Rath bei Traar.

Ihm folgte:

Theodor S t a n k e i t als Bürgermeister von Lobberich, welcher diese Stelle von 1874-1886 bekleidete. Derselbe ist zur Zeit Bürgermeister in Altenessen. Seine erste Gattin, Maria Kessels, war eine Enkelin des verstorbenen Bürgermeisters Kessels. Sein Nachfolger im Amte als Bürgermeister von Lobberich, seit Dezember 1886, ist der noch heute fungierende Herr Louis B e n d e r, vordem ebenfalls mehrere Jahre Bürgermeister von Brüggen und Born.


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